In einer Großfamilie aufzuwachsen, dazu im Ruhr- pott, das heißt: Dallmann hat immer jemanden um sich herum, ist gerne unter Leuten, ist direkt, offen, ehrlich, hat gelernt, sich durchzusetzen. Das hilft auch auf dem Platz. Der nächste Vereinswechsel, zur SGS Essen, passte perfekt: Mit 16 zurück in der Heimat, zu einem familiären Verein. Dallmann star- tete durch. Holte 2014 den U 20-WM-Titel, debü- tierte 2016 im A-Team und wurde schon 2017 zur „Nationalspielerin des Jahres“ gewählt. Bis heute fällt sie auf wegen ihrer Spielfreude, sie kreiert Über- raschendes, schießt Tore und bereitet sie vor. Letz- teres am liebsten: „Wenn Tore gut herausgespielt sind, macht es auf meiner Position einfach Spaß“, sagt Dallmann. „W E N N I C H Z U R Ü C K- B L I C K E , H AT S I C H DA S G A N Z E L E B E N U M FA M I L I E U N D F U S S B A L L G E D R E H T. I C H H A B E A L L E S DA N AC H AU S G E R I C H T E T.“ 14 D F B - A R E N A 0 3 | 2 0 2 0 D A S T E A M U nd Action! Den Ball zwischen Fuß und Bein eingeklemmt, bringt sie ihn mit einer schnel- len Bewegung in die Luft. Fängt ihn wieder auf, ganz entspannt. „Around the World“ mit rechts, dann mit links. Zuerst von innen nach außen, danach anders herum. Die Vögel zwitschern, im Hintergrund fährt ein Mann auf dem Rad durchs Bild. Seelenru- hig. Ganz so, wie die Frau den Ball jongliert. Fast zwei Minuten dauert das Video. Der Titel: Linda Dallmann und ihr Fußball. Die Nationalspielerin und der Ball, das ist eine Herzensangelegenheit. „Wenn ich zurückblicke, hat sich das ganze Leben um Fami- lie und Fußball gedreht. Ich habe alles danach aus- gerichtet. Da merkt man schon, was einem der Fuß- ball bedeutet. Für mich war das nie eine Pflicht – alles kam immer aus dem Herzen“, sagt Dallmann. Das stellte sich schon früh heraus. In Omas Garten gab es reichlich Platz, „da durfte man das halt, da gab’s keinen Ärger“, sagt Dallmann und meint: bol- zen, mal was kaputt machen. Dort hat sie angefangen mit dem Kicken, zusammen mit ihren vier Brüdern. Die sind allesamt älter als die mittlerweile 26-Jährige. Zwei spielen noch heute bei den Alten Herren. Durch- setzungsvermögen brauchte es schon damals, abschauen konnte sich Dallmann bei ihren Geschwis- tern auch einiges. Und die bei ihr: Die beiden jünge- ren Schwestern Pauline und Jule schafften es auch in die Bundesliga. Mutter, Vater, sieben Kinder – eine Großfamilie mit einer großen Leidenschaft. D A L L M A N N F Ü R D E U T S C H L A N D Auf ihrem Weg in den Profibereich spielte Linda bis zur B-Jugend in einem Team mit Jungs. Nicht für jedes Mädchen das Richtige, sie sei aber der Typ dafür gewesen, sagt sie: „Aus meiner Erfahrung ist es ein Riesenvorteil, in einer Jungen-Mannschaft zu spielen. Gerade wegen der Körperlichkeit.“ Über die Nachwuchsabteilung des FCR 2001 Duisburg ging es für Dallmann zu Bayer 04 Leverkusen. Zwei Stun- den saß sie im Zug, um bei Bayer trainieren zu kön- nen. „Wenn der Kopf mitentschieden hätte, wäre das Ergebnis wahrscheinlich gewesen: ‚Das ist zu weit in dem Alter.‘ Aber ich wollte es unbedingt.“ Herz über Kopf.